Gemeinhin wird die Merowingerzeit in ältere und jüngere Merowingerzeit unterteilt. Zunehmend wird aber in drei Epochen differenziert: Auf die frühmerowingische von 450/80 bis 560/70 folgt die mittelwerowingische Zeit bis etwa 630/40 und dann die spätmerowingische bis etwa 720. Bereits die letzten Jahre unter der Herrschaft der Merowinger (bis 751) werden nicht mehr zwingend der Merowingerzeit zugeordnet.
Insgesamt darf man diese Zeit vor allem als Zeit der blutigen Fehden unter Brüdern, Onkeln und Cousins bezeichnen, die sich in ihrer Grausamkeit in nichts nachstanden und ähnlich dem ersten König der Merowinger, Chlodwig, mit allen Mitteln nach uneingeschränkter Macht strebten.
Aufteilung des Reichs nach Chlothars Tod
Nach dem Tod Chlothar I. (Sohn von Chlodwig) im Jahr 561 wurde das Reich unter seinen vier Söhnen Charibert I., Chilperich I., Sigibert I. und Guntram I. aufgeteilt. Diese Aufteilung unter den Söhnen entstammte der fränkischen Erbtradition. Charibert I. starb bereits 6 Jahre später. Chilperich I. war von Beginn an mit der Aufteilung unzufrieden, jedoch konnte er sein Herrschaftsgebiet infolge des Todes seines Bruders nicht entscheidend vergrößern. Sein Halbbruder Sigibert I. heiratete 566 Brunichild, eine Tochter des Westgotenkönigs Athanagild, was ihm hohes Ansehen einbrachte. In der Folge vermählte sich auch Chilperich mit Brunichilds älterer Schester Gailswintha. 570 ließ er sie jedoch ermorden und heiratete Fredegunde. Diese stammte aus Gailswinthas Gesinde und war bereits zuvor Chilperichs Konkubine. Der Tod von Gailswintha führte zu einer erbitterten Feindschaft zwischen Chilperich und Brunichild.
Krieg unter Brüdern in der Merowingerzeit
Chilperich begann einen Krieg gegen Sigibert, konnte jedoch nur vorübergehend Erfolge verzeichnen. Sein Sohn Theudebert fiel bei einer Offensive Sigiberts im Jahr 575 und Chilperich floh nach Tournai im Norden. Da viele seiner Adligen zu Sigibert überliefen, schien Chilperichs Macht bereits gebrochen. In dieser nahezu aussichtslosen Situation trat durch die Ermordung Sigiberts eine überraschende Wende ein. Chilperich eroberte zügig den gesamten, westlichen Teil des Reiches von Sigibert und nahm Brunichild gefangen. Im Osten des Fränkischen Reichs trat Childebert II. die Nachfolge seines Vaters als König von Austrasien an. 577 konnte Brunichild allerdings aus der Gefangenschaft fliehen und übernahm eine maßgebliche Rolle am Hof ihres Sohnes.
Verschwörungen des Adels
Guntram I. (der vierte der noch lebenden Söhne Chlothars) adoptierte seinen Neffen Childebert, damit sein Reichsteil Burgund nach seinem Tod nicht an Chilperich fallen würde. Gemeinsam wollten beide nun auch gegen Chilperich vorgehen. 581 kam es allerdings zu einem Umsturz am Hofe des inzwischen 11-jährigen Childeberts. Brunichild verlor ihre Machtstellung und die Opposition der austrasischen Großen verbündete sich mit deren Erzfeind Chilperich. Nun wollten diese auch König Guntram besiegen, jedoch folgte das austrasische Heer den Befehlen der neuen Machthaber nicht. Sie sahen sahen darin einen Verrat an den Interessen ihres Königs Childebert. Die Umstürzler mussten aus Austrasien fliehen und Brunichild konnte an den Hof zurückkehren. 584 wurde Chilperich ermordet. Nachfolger wurde sein erst wenige Monate alter Sohn Chlothar II, zunächst verwaltete jedoch dessen Mutter Fredegunde das kleine Königreich ihres Sohns. König Guntram stellte die beiden großzügig unter seinen Schutz.
Der Vertrag von Andelot
587 kam es erneut zu einer Verschwörung austrasischer Adeliger, die den inzwischen 17-jährigen Childebert ermorden wollten, um dann dessen Söhne, die noch Kleinkinder waren, formal als Nachfolger einzusetzen und selbst die Macht zu übernehmen. Die Verschwörung wurde jedoch rechtzeitig aufgedeckt und vereitelt.
Aufgrund der erkannten Bedrohung für die Herrschaft der Merowinger insgesamt schlossen Guntram, Childebert und Brunichild am 28. November 587 den Vertrag von Andelot. Nach diesem sollte das jeweilige Königreich bei einem Tod ohne eigene Söhne an den jeweils anderen König fallen.
592 verstarb Guntram und Childebert wurde als sein Erbe tatsächlich zum König von Austrasien und Burgund.
Vier Jahre später verstarb überraschend jedoch auch er und sein Reich wurde erneut – diesmal unter seinen beiden Söhnen – aufgeteilt. Theudebert I. erhielt Austrasien, sein jüngerer Bruder Theoderich II. wurde König von Burgund. Nach Fredegundes Tod 597 bestieg Chlothar im Alter von 13 Jahren den Thron von Neustrien. Die Kämpfe in der Familie aber gingen nahmen kein Ende.
Das fränkische Reich der Merowingerzeit zu Beginn des siebten Jahrhunderts
Im Jahr 600 gelang den Brüdern in der Schlacht von Dormelles ein entscheidender Sieg über ihren Onkel Chlothar. Als Folge wurde dessen Herrschaftsgebiet auf das Land um Rouen, Beauvais und Amiens dezimiert und es schien nur eine Frage der Zeit, bis man sich seiner endgültig entledigen könnte.
In der folgenden Zeit zerbrach jedoch das Bündnis der beiden Brüder und diese führten nun sogar Krieg gegeneinander. Chlothar sicherte Theuderich im bevorstehenden Konflikt Neutralität zu. 612 besiegte dieser seinen Bruder Theudebert in zwei Schlachten und ließ ihn und seine Söhne töten. Chlothar verlangte für seine gewahrte Neutralität die zugesagte Belohnung in Form größerer Teile Burgunds. Theoderich hielt sich jedoch nicht an sein Versprechen. Bevor es aber erneut zu kriegerischen Auseinandersetzungen kam, verstarb Theoderich kurz darauf an der Ruhr.
Der Aufstieg Chlothars zu einem der bedeutendsten Herrscher der Merowingerzeit
Brunichild hob eiligst ihren Urenkel Sigibert II. auf den Thron, jedoch folgte ihr die austrasische Opposition des Adels nicht länger. Sie, Sigibert II. und zwei seiner Brüder wurden vom Adel Austrasiens kurzerhand an Chlothar ausgeliefert. Einem weiteren Bruder, Childebert, gelang die Flucht. Lediglich sein Patenkind Merowech, den jüngsten der Söhne Theoderichs, verschonte Chlothar. Sigibert und Corbus jedoch wurden – genau wie ihre Urgroßmutter – umgebracht.
Über die Hinrichtung Brunichilds ist folgendes überliefert:
„Brunichild wurde vor Chlothar gebracht, …da er sie zutiefst hasste …; er ließ sie drei Tage lang verschiedenen Foltern aussetzen, dann gab er den Befehl, sie zuerst auf ein Kamel zu setzen und im ganzen Heer herumzuführen und sie dann mit dem Haupthaare, einem Fuß und einem Arm an den Schwanz eines über alle Maßen bösartigen Pferdes zu binden; dabei wurde sie dann durch die Hufe und den rasenden Lauf in Stücke gerissen.“
Chroniken des Fredegar, IV, 42, S. 201
Chlothar war damit nach seinem Großvater und den folgenden langjährigen Bruderkriegen der erste König über das gesamte Frankenreich.
Das Edictum Chlotharii
Allerdings machte er im Jahre 614 dem fränkischen Adel, der entscheidend zu seinem Sieg über Brunichild beigetragen hatte, im Edictum Chlotharii wichtige Zugeständnisse. Hierdurch legte er möglicherweise den Grundstein für den späteren Aufstieg der Hausmeier, insbesondere der Pippiniden, aus denen in der Folge die Karolinger hervorgingen. Nach Patrick J. Geary und Sebastian Scholz handelte es sich jedoch vielmehr um eine Bestätigung der traditionellen, lokalen Grundstruktur des Frankenreichs. Chlothars folgende Regierungszeit und die seines um 608 geborenen Sohnes Dagoberts I. waren trotz der brutalen Hinrichtung der Königin Brunichild die friedlichste, erfolgreichste und bedeutendste Periode seit der Regierungszeit Chlodwigs.
„Bon Roi Dagobert“ – Der gute König Dagobert
Die Zeit König Dagoberts ist nicht mehr gut dokumentiert und sowohl die Fredegarchronik als auch der liber francorum scheinen in ihrer Darstellungsweise von persönlichen Motiven der Verfasser gefärbt. Gesichert sind die Fakten: 623 wurde Dagobert von seinem Vater als Unterherrscher in Austrasien eingesetzt, 629 wurde er nach dem Tod seines Vaters alleiniger König der Franken.
Wenngleich er das Reich nach dem Tod seines Vaters erneut vereinen konnte, war er außenpolitisch nur bedingt erfolgreich. Seinen Erfolgen bei der Rückeroberung der Gascogne und der Bretagne steht der Verlust der sächsischen Tribute gegenüber. Sie war die Folge seiner verheerenden Niederlage 631 gegen den fränkischen Kaufmann und Slawenfürsten Samo bei Wogastisburg (?). Auch nutzten die Adeligen die neu geschaffenen Strukturen am königlichen Hof zum Ausbau ihrer eigenen Macht. Dennoch gilt Dagobert allgemein als letzter bedeutender Herrscher der Merowingerzeit und wird in Frankreich noch heute als „bon roi Dagobert“ (guter König Dagobert) verehrt. Der Grund hierfür könnte in seiner Freigiebigkeit den Armen gegenüber und reichen Schenkungen an die Kirche liegen. Bereits 639, höchstens 31-jährig, verstarb König Dagobert. Mit der erneuten Aufteilung des Reiches unter seinen Söhnen und der immer stärker werdenden Einflussnahme der Hausmeier begann der endgültige Niedergang des merowingischen Königshauses.
Wie in der Merowingerzeit geschrieben wurde, kannst du hier nachlesen.
Quellen: Patrick J. Geary – Die Merowinger. Europa vor Karl dem Großen, Verlag C.H. Beck und Sebastian Scholz – Die Merowinger, W. Kohlhammer, S. 184 ff.